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Samstag, den 20. Mai 2023

Bürgermeister wirft CDU „mangelnde Kritikfähigkeit“ vor

Auf Kunstdebatte folgt Schlagabtausch mittels offener Briefe

Nach dem Erhalt eines offenen Briefes von den Fraktionsvorsitzenden der CDU, von Bündnis ’90/Die Grünen, der SPD sowie des fraktionslosen Einzelmitglieds Stephan Wiese (FDP) wirft Bürgermeister Daniel Zimmermann der CDU-Fraktion in seiner ebenfalls als offenen Brief verfassten Antwort „mangelnde Kritikfähigkeit“ vor. Die Verfasser des Schreibens nähmen für sich als Oppositionsfraktionen in Anspruch, „jede beliebige Äußerung zu tätigen“, aber könnten „mit dem Widerspruch hierauf nicht umgehen“.

Der CDU-Fraktion habe in der Debatte um die von der Stadt erworbenen sechs so genannte „Mirror Balloons“ des dänischen Künstlers Jeppe Hein gezeigt, dass es ihr „an der Ernsthaftigkeit und Haltung im Umgang mit Kunst“ fehle, so Zimmermann. Die CDU wollte verhindern, dass das Kunstwerk im Ratssaal des Monheimer Rathauses installiert wird, obwohl es sich um eine ortsgebundene Arbeit handelt, die eigens für den Ratssaal angefertigt wird.

Zimmermann kritisiert die fehlende Begründung des CDU-Antrags. Die Ratsopposition behauptet, der Antrag sei „ausführlich begründet“. Das sei falsch, so Zimmermann, denn die Begründung des Antrags bestehe gerade einmal aus drei Sätzen. „Eine sachliche Begründung und inhaltliche Tiefe fehlt, stattdessen werden subjektive Kriterien bemüht“, stellt Zimmermann fest.

Die CDU verlange „eine möglichst neutrale Gestaltung des Ratssaals“, weil er für Anlässe „freudiger wie ernster Natur“ genutzt werde. „Doch diese Argumentation“, so Zimmermann, „wurde in der Ratssitzung vollständig widerlegt.“ Das Kunstwerk wirke in allen denkbaren Kontexten und vermittele angemessene Botschaften. Da es sich um eine ortsgebundene Arbeit handelt, könne sie nicht aus dem räumlichen Kontext entfernt werden, für den sie geschaffen wurde. Zimmermann: „Die bildhauerische Arbeit ist durch den gewählten Raum bedingt. Aus künstlerischer Perspektive kann das Werk nur im Ratssaal hängen oder es kann nirgendwo hängen. Es macht traurig, dass die CDU-Fraktion bis heute nicht bereit ist, diesen Zusammenhang anzuerkennen und damit die Unmöglichkeit ihrer Forderung einzusehen.“

„Wenn sich das einzige schriftliche Argument und auch das zentrale Argument der CDU in der mündlichen Debatte als haltlos herausstellt, dann beanspruche ich weiter die Aussage, dass die Meinung der CDU unbegründet ist“, erklärt Zimmermann.

Die CDU-Fraktion und die übrigen Oppositionsparteien hatten Zimmermann vorgeworfen, er habe durch den Vorwurf, dass die CDU unbegründete Meinungen vertrete, die Meinungsfreiheit in Frage gestellt. Dem widerspricht der Bürgermeister: „Das Recht der Meinungsfreiheit ist es, diese zu äußern, und nicht, dass Meinungen unwidersprochen Geltung haben. Es verletzt die Meinungsfreiheit keinesfalls, eine unbegründete Meinung als solche zu benennen.“

Zimmermann führt aus: „Ich gebe der Ratsopposition Recht, wenn sie schreibt, dass es das Wesen der demokratischen Ordnung ist, anderer Auffassung zu sein und diese auch äußern zu dürfen. Dieses Prinzip ist jedoch in der Sitzung keineswegs verletzt worden, denn die CDU hat jede Gelegenheit gehabt, ihre Meinung zu äußern. Frau Dr. Linhart hat davon zwei Mal, Herr Gronauer einmal Gebrauch gemacht. Das Wesen der demokratischen Ordnung ist es allerdings auch, andere Auffassung kritisieren zu dürfen. Wenn die CDU-Fraktion mit dieser Kritik nicht umgehen kann, muss ich ihr insofern leider eine mangelnde Kritikfähigkeit vorwerfen.“

Kurz vor Beginn der Debatte im Stadtrat hatten die beiden CDU-Mitglieder Dr. Angela Linhart und Jürgen Goldmann den Ratssaal mit übergroßen Heliumballons betreten. Der Bürgermeister musste die unzulässige Protestaktion unterbinden. Zimmermann: „Ich halte es ehrlich gesagt für einigermaßen paradox, dass sich die Ratsopposition schon durch die nur mündlich vorgetragene Kritik am Antrag der CDU in ihrer Meinungsfreiheit bedrängt fühlt, aber umgekehrt nicht erkennt, welche Grenzverletzung die CDU-Fraktion mit ihrem Ballonprotest begangen hat. Die Diskussion im Rat wird im Allgemeinen als so essenziell für die demokratische Entscheidungsfindung angesehen, dass sie vor äußeren Einflüssen geschützt werden muss. Dafür ist es unerheblich, ob die Störung durch Zuschauerinnen und Zuschauer oder durch Ratsmitglieder verursacht ist.“

Bezogen auf das Werk hält Zimmermann die Aktion darüber hinaus für den „Versuch einer Bagatellisierung“: „Frau Dr. Linhart und Herr Goldmann haben durch den Einsatz einer Attrappe den Anschein erweckt, dass es sich bei der Arbeit von Jeppe Hein lediglich um triviale Luftballons handele, die keinen künstlerischen Wert besäßen. Das ist unangemessen gegenüber dem Künstler. Weiterhin hat Frau Dr. Linhart in ihrem Wortbeitrag die Ballons in den Kontext eines Kindergeburtstags gestellt. In der gesamten Debatte hat seitens der CDU-Fraktion keine Auseinandersetzung mit der Arbeit als Kunstwerk stattgefunden. Die CDU hat sich auch nicht die Mühe gemacht, die künstlerische Intention der Arbeit zu erforschen. Sie hat leider auch bei der Sitzung der Kunstkommission gefehlt.“

In den letzten Jahren habe man sich daran gewöhnt, dass die CDU-Fraktion grundsätzlich gegen die Anschaffung von Kunst votiert habe. „Dass nun erstmals eine bereits getätigte Anschaffung in ihrem Dasein angegriffen wird, halten wir für eine weitere Stufe der Ablehnung von Kunst“, erläutert Zimmermann. „Genau dieses Empfinden ist der Grund dafür, warum wir so unmissverständlich auf den Antrag reagiert haben.“

Knapp drei Wochen nach der Ratssitzung fordern nun alle drei Oppositionsfraktionen und Ratsherr Stephan Wiese (FDP) in einem gemeinsamen Brief eine Entschuldigung des Bürgermeisters. Die Rednerin der PETO-Fraktion und der Bürgermeister hätten nach ihrer Auffassung die CDU-Fraktion mit dem Naziregime und dessen Umgang mit unerwünschter Kunst verglichen. Dies sei ein Tabubruch.

Zu dieser Entschuldigung wird es allerdings nicht kommen. In seiner Antwort stellt Daniel Zimmermann klar: „Den vermeintlichen Tabubruch vermag ich nicht zu erkennen. Wir haben nicht mehr getan, als eine Partei, die in Deutschland nach 1945 Anträge mit dem Ziel formuliert, Kunst in bestimmten öffentlichen Bereichen nicht zu zeigen, und dabei die ‚Neutralität‘ des politischen Sitzungsraums fordert, zu fragen, ob sie sich der Wirkung und der Konsequenzen ihres Antrags bewusst ist.“

Offenen Brief von Bürgermeister Daniel Zimmermann herunterladen (pdf, 91 kB)

 

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